Märzreise 2012:

Besuch von Marburger Studenten

Am 92. Jahrestag des brutalen Mordes an 15 Arbeitern aus Thal an der Landstraße zwischen Sättelstädt und Mechterstädt (heutige  B 7) besuchten drei Studenten der Philipps-Universität Marburg nach der Totenehrung in Thal auch den Gedenkstein an der Gothaer Landstraße in Mechterstädt.  Gemeinsam mit Bürgermeister Dieter Specht legten sie Blumen zur Erinnerung  an die   Opfer ab. Die unbewaffneten, wehrlosen Arbeiter, darunter drei Brüder,  waren  von Angehörigen des Studentenkorps Marburg („Stukoma“) erschossen worden –  Zeitfreiwilligen, die zumeist studentischen Verbindungen angehörten.  Die grausame Tat am Morgen des 25. März 1920 ging  als „Massaker von Mechterstädt“ in die Annalen der Geschichte um den Kapp-Putsch in Deutschland ein. Marius Beckmann,  Germanist und Felix Blind, der Philosophie studiert, gehören dem Allgemeinen Studierenden-Ausschuss der Philipps-Universität an, Björn Bürger, Geschichtsstudent, ist Mitglied der Aktiven Fachschaft  Geschichte.  Beide Institutionen erarbeiteten dieses  Jahr vor dem Gedenktermin einen Flyer,  der unter dem Titel „Unsere Anatomie braucht Leichen – das Massaker von Mechterstädt“ an die blutigen Ereignisse in Thüringen erinnert. Darin wird auch  auf die politische Ausrichtung des „Stukoma“ eingegangen, das als „Kampfgruppe von schlagenden und nicht schlagenden Korporationen“ mit „deutschnationaler und antidemokratischer Gesinnung“ beschrieben wird. Bezeichnend: Bei seiner  Aufstellung war die einzige jüdische Studentenverbindung Marburgs, die Hassia, ausgeschlossen worden. Wilhelm Busch,  einstiger Marburger Rektor, sprach den vor zwei Gerichten frei gesprochenen Tätern  seinen Dank für den Einsatz in Thüringen aus. 1939 wurde „Stukoma“-Kommandant Bogislav von Selchow „für seine Verdienste um das deutsche Vaterland“ zum Ehrensenator der Universität Marburg ernannt.  Eine kritische Aufarbeitung der Ereignisse oder gar eine Entschuldigung sei bis  heute weder von den beteiligten Studentenverbindungen noch von der Universitätsleitung wirklich erfolgt,  heißt es im Flyer. Ein Mitte der 90er Jahre vom Marburger Historiker Peter Krüger in Zusammenarbeit mit Anne Nagel erarbeiteter Aufsatz   zu Mechterstädt wird als „verspätetes Pflichtschuldprojekt“ angesehen, „umdiesen Teil der unrühmlichen Universitätsgeschichte nun endgültig in die Schublade ’erledigt’ zu verbannen“.  Aufzupassen, dass über die Tragödie von Mechterstädt kein Gras wächst, sei  eine  Antwort auf  antidemokratische und rassistische Bestrebungen, die es bis heute gibt,  sagte Bürgermeister Dieter Specht. „Wir sind hier, um der historischen Verantwortung der Marburger Studierenden gerecht zu werden“, begründete Björn Bürger die Märzreise der Studenten nach Mechterstädt. Ihnen gehe es darum, das Thema in Marburg wieder stärker publik zu machen, sagte Felix Blind. Es wüssten einfach zu wenig Menschen davon, so   Marius Beckmann. Auf den Flyer mit Hintergründen des Massakers  jedenfalls habe es schon mehrere  Reaktionen gegeben.

Die Kommentarfunktion wurde deaktiviert.